Führung Teil 2

Im ersten Teil dieses Blogs haben wir über Handlungen und Abbruchsignale einer Hundemutter im Rudel gesprochen. Im Folgenden erkläre ich wie Ihr Euch diese selbst zu Nutze machen könnt.
Abbruchsignale:
streng blicken
in den Weg stellen
ein Warngeräusch machen wie »Scht«‚ »Ssst«, »Hej« (»Nein« und »Schluss« eignen sich nicht, weil Menschen, wenn sie sich in ihrer Sprache aufhalten, ganz schnell wieder zehnmal »Nein« und »Schluss« rufen, ohne es zu bemerken)
Abbruchhandlungen:
Anrempler (bei kleinen Hunden mit der Hand, bei Größeren mit den Oberschenkeln oder dem Knie; immer nur vor dem Brustkorb oder an der Seite, nie am Kopf)
aktive Bewegungseinschränkung (dem Hund mit dem eigenen Körper Raum nehmen oder einen Raum bestimmen, in dem er bleiben soll)
Abschnapper (kurzer Stüber mit zwei Fingern in die Seite des Hundes, nicht am Kopf)
Zuschnapper (kurzes Zwicken mit der ganzen Hand in die Seite, nicht am Kopf)
Schnauzengriff (nur bei einem ganz jungen Hund)
in die Haut neben der Wange greifen, um den Kopf zu fixieren (wenn der Hund emotional so aufgeladen ist, dass er keinen Kontakt mehr zum Menschen aufnehmen kann; schützt auch vor Bissen)
Timing
Genauso wichtig wie das Abbruchsignal ist es, genau zu registrieren, ob und wie der Hund darauf reagiert. Das Signal selbst ist nur die Ankündigung einer Handlung, nicht die Handlung selbst. Reagiert der Hund nicht unmittelbar darauf, wird er auch fünf Minuten später nicht mehr reagieren. Es muss also sofort eine Handlung folgen, wenn der Hund nicht reagiert.
Wir Menschen sind oft wie kaputte Ampeln: Wir springen ständig auf Gelb, ohne je auf Rot zu schalten, oder wechseln gleich von Grün auf Rot. Wir warnen also mehrmals, ohne zu handeln, oder handeln, ohne vorher zu warnen. Wir selbst wurden uns jedoch niemals nach einer Ampel richten, die immer nur auf Gelb schaltet und nie auf Rot, und einer Ampel, die ständig unvermittelt auf Rot springt, würden wir nicht trauen.
Sobald der Hund mit dem aufhört, was er abbrechen sollte, ist die Harmonie wiederhergestellt - und Sie können und sollten ihm das mit einer entspannten Körperhaltung, einem Lächeln oder einem freundlichen Blick mitteilen. Der Hund darf nicht den Eindruck gewinnen, dass Ihre Beziehung auf dem Spiel steht, sondern verstehen, dass es gerade nur um ein bestimmtes Verhalten ging, das er unterlassen sollte. Ansonsten gefährden Sie Ihre Beziehung langfristig tatsächlich.
Führungsenergie
Wenn Menschen keine Führungsenergie besitzen, also eher schüchtern oder zurückhaltend sind und sich deshalb fragen, wie sie ihren Hund führen sollen, hier eine gute Nachricht: Auch unter Hunden gibt es nur sehr wenige, die geborene Anführer sind. Die Mehrzahl der Hundehalter muss also keinen Hund führen, der selbst souverän ist, sondern nur einen »ganz normalem oder eher unsicheren Hund. Diesen zu führen bedeutet nicht dieselbe Verantwortung wie die Leitung eines großen Konzerns zu übernehmen. Es geht nur darum herauszufinden, was genau der jeweilige Hund braucht, um sich sicher zu fühlen.
Abruf
Den Abruf verwende ich im Alltag nur, wenn mein Hund tatsächlich zu mir kommen soll. Wenn er etwas sein lassen sollen (zum Beispiel den Postboten anzubellen, Pferdemist zu fressen, zu weit vor oder auf die Straße zu laufen), rufe ich nicht, sondern stoppe ihn. Würde ich nur nach ihm rufen, hätte ich ihm ja nicht mitgeteilt, was er lassen soll.
1. Schritt
Wichtigste Regel: Rufen Sie Ihren Hund nur dann, wenn Sie auch dafür sorgen können, dass er kommt, das heißt, lassen Sie ihn nicht im Glauben, dass auf einen Ruf von ihnen keine Konsequenz folgt, wenn er ihn ignoriert. Er muss einen längeren Zeitraum (ungefähr drei Wochen) die Erfahrung machen, dass es nicht mehr seine Entscheidung ist, ob er kommt oder nicht, sondern Ihre.
2. Schritt
Um dafür sorgen zu können, dass er kommt, benutzen Sie eine Schleppleine und gehen oder laufen Sie immer zuerst zum Ende dieser Leine. Treten Sie darauf und rufen Sie dann erst den Namen Ihres Hundes.
3. Schritt
Wenn Ihr Hund die Ohren bewegt, ansonsten jedoch plötzlich taub zu sein scheint oder er Sie nur anschaut und sich dann Wieder seinen Dingen zuwendet, warnen Sie ihn mit einem Abbruchsignal wie »Scht«. Kommt er daraufhin zu Ihnen, hat er schon oft genug die Erfahrung gemacht, dass sonst eine Konsequenz Ihrerseits folgen würde. Kommt er nach dem Abbruchsignal nicht, muss er die Erfahrung mit der Konsequenz noch einige Male machen.
4. Schritt
In diesem Fall sollten Sie, mit den Füßen die Leine sichernd, sofort zu ihm gehen und sich körperlich angemessen bemerkbar machen (zum Beispiel durch einen kleinen Stüber oder Rempler, je nach Hund und Situation). Sie gehen jedoch nur kurz zu ihm, um eine Konsequenz folgen zu lassen, nicht, um ihn abzuholen.
5. Schritt
Gehen Sie danach wieder zwei Schritte zurück und rufen Sie ihn erneut, sobald er nach dieser Handlung Blickkontakt mit Ihnen aufgenommen hat. ER soll auf SIE zulaufen.
Weil dieser einfache Ablauf recht kompliziert klingt, hier noch einmal die Kurzvariante aus der Hundewelt: Beobachten Sie einmal eine Hundemama, die einen ihrer Welpen ruft, weil der sich gefährlich weit von ihr entfernt hat. Ich habe schon Welpen durch die Luft fliegen oder 3 drei Meter über den Fußboden rutschen sehen, nachdem ihre Hundemamas sie mit einem kurzen Bellen gerufen hatten und sie nach deren warnendem Knurren immer noch nicht gekommen waren. Danach hatten die Hundedamen sofort eine deutliche körperliche Konsequenz folgen lassen, gegen die ein menschlicher Stüber oder Rempler wie ein Witz scheint. Rufen, warnen, handeln so lautet die knappe Devise. Es geht hier im Ernstfall um das Leben der Hunde und nicht um etwas, was dem Zufall überlassen bleiben kann.